Eine geobasierte Auswertung des Radunfallgeschehens für den Planungsraum (wie etwa im VEP Kassel 2030 erfolgt), besitzt diese Facharbeit nicht. Grund war die fehlende Datengrundlage.
Genaue Unfalldaten (Geokoordinate, Art des Unfalls usw.) dürfen von der Polizei aus Datenschutzgründen nicht an Bürger herausgegeben werden. Diese Daten dürfen laut Anfrage beim Polizeipräsidium Nordhessen nur von Behörden eingesehen werden. Da die Autoren nicht von einer Behörde/Kommune beauftragt wurden, war die Datenweitergabe nicht möglich.
Der ADFC sollte hier eine politische Initiative starten, damit genauere, ortsbezogene Unfalldaten/Unfallfakten in Zukunft von jedermann frei zugänglich eingesehen werden können (natürlich ohne persönliche Daten der Unfallbeteiligten).
Weitergehende Informationen zur (Rad-)Verkehrssicherheit sind im entsprechenden Kapitel des Handbuchs System Radverkehr zu finden.
Bei einem höheren Radverkehrsanteil werden Radfahrende im Verkehr mehr wahrgenommen. Es entsteht eine sogenannte Schwarmsicherheit des Radverkehrs. Die Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer auf den Radverkehr nimmt zu. Dieser Effekt setzt nach Erfahrung der Autoren frühestens ab 15 % Radverkehrsanteil ein.
Wer einmal in den Niederlanden Rad gefahren ist, kann das gut nachvollziehen. Trotz hoher Fahrradnutzung geht es dort relativ entspannt zu. Ein beispielhafter Ländervergleich mit Zahlen der niederländischen Fahrradbotschaft (Dutch Cycling Embassy) zeigt den Sachverhalt der Schwarmsicherheit hier auf. Im Abschnitt Sicherheit und Schutz heißt es dort:
Wenn der Radverkehr zunimmt, nimmt die Unfallquote ab
Es folgt ein Ländervergleich der getöteten Radfahrer pro 100 Millionen gefahrener Kilometer im Vergleich mit den landesweiten Radverkehrsanteilen:
Land | Todesfälle | Fahrradnutzung |
Niederlande | 1,1 | 26% |
Dänemark | 1,4 | 19% |
Deutschland | 1,7 | 10% |
Großbritannien | 3,6 | 2% |
USA | 5,8 | < 1% |
Ein Helm kann sicher individuell Kopfverletzungen wirksam reduzieren. Ein Fahrradhelm verhindert allerdings keinen einzigen Unfall.
Es gibt sehr viel wichtigere Faktoren bzw. Stellschrauben zur Verbesserung der (Rad-)Verkehrssicherheit, als die in der deutschen Politik immer mal wiederkehrende Forderung nach einer Fahrradhelmpflicht.
Dazu zählen beispielsweise eine flächendeckende, sichere Infrastruktur für den Radverkehr, eine allgemeine Akzeptanz des Fahrrads als gleichberechtigtes Verkehrsmittel und ein entspanntes, positiv besetztes Verkehrsklima. In allen drei Punkten herrscht in Deutschland noch starker Verbesserungsbedarf.
Die vorhandenen Defizite diesbezüglich konnten die Autoren während ihrer Befahrungen der klassifizierten Straßen im Planungsraum leider immer wieder direkt, persönlich im Rahmen sogenannter Nahverkehrserfahrungen im Bereich seitlicher Abstände KFZ ↔ Fahrrad erleben.
Sehenswert sonst zur Radverkehrssicherheit in Amsterdam: Unter dem Motto Happy cycling is safe cycling klärt der niederländische Komiker Maxim Hartman in Englisch radelnde Besucher der Stadt auf: Das Erklärvideo The Bike Instructor's guide to cycling in Amsterdam auf Youtube.
Hintergrund ist, dass Pedelecs gerne von älteren Radfahrenden genutzt werden. Öfter sind diese älteren Nutzer dabei mit dem Fahrverhalten in Kombination mit dem höheren Gewicht des elektrounterstützten Fahrrads überfordert. Dies schlägt sich auch in steigenden Unfallzahlen nieder. Nicht das Pedelec ist das Problem, sondern das Fehlen fahrerischer Fähigkeiten so Uwe Gertig im Artikel Helfer für Senioren gesucht: Sicher radeln mit Elektromotor auf HNA.DE vom 16. September 2016. Wiedereinsteigern fehlen oft Fahrpraxis, Fahrtechnik, körperliche Fitness, Reaktionsschnelligkeit und das Gefühl für Geschwindigkeit erläutert Uwe Gertig weiter.
Nachdem 2015 und 2016 erste praktische Schulungserfahrungen gesammelt werden konnten, wurde 2016 das Team auf 10 ehrenamtliche Kursleiterinnen und Kursleiter erweitert. 2017 werden wiederum zwei Kurse angeboten. Projektinformationen auf www.adfc-kassel.de → Rubrik Pedelec und Fahrtechnik. Weitere Informationen zum Thema Pedelec siehe auch Kapitel Fahrrad und Elektromobilität im Handbuch System Radverkehr.
Wird die Legende der ADFC-Regionalkarten während der Kartenkoordination umfassend auf die Radverkehrssicherheit angewendet, so lassen sich an den Nutzer wichtige Informationen zum Verkehrszustand der Routen transportieren:
Oben ein Kartenauszug aus dem Raum Wolfhager Land im Bereich Istha / Oelshausen. Stark befahrene Straßen, die zum Radfahren nicht geeignet sind, wurden mit einer grauen X-Kontur versehen. Ungesicherte Querungen über diese stark befahrenen Straßen außerorts wurden mit einem Achtung-Zeichen gekennzeichnet. Wirtschaftswegbrücken und -unterführungen wurden als sichere Querungen in das Radnetz der Karte integriert.
Soweit vorhanden, wurden im roten / rostroten Radnetz der Karte KFZ-freie Alternativrouten inklusive Oberflächenhinweise eingetragen. Mäßig befahrene Straßen sind gestrichelt. Stärker belastete Straßen, die als Lückenschlüsse noch tauglich sind bzw. für die es keine akzeptablen, straßennahen Alternativrouten gibt, wurden gepunktet. Sonst ist anzumerken, dass sich das Konzept der ADFC-Regionalkarten klar an Touren- und Freizeitradler wendet. Straßenradsportler, die stärkeren Verkehr evtl. nicht scheuen, sind nicht die (Haupt-)Zielgruppe der Produktreihe. Alle weiteren Kartendetails siehe Legende der 5. Auflage 2017 des Kartenwerks unter ISBN 978-3-87073-780-1.